Drei Fragen zur Lyrik von Ralph Schüller an Christian Dörr, Autor des "Bellerophon", Lyrik-Edition NEUN, Band 10, und zwei Gedichte des Dichters auf der Seite der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik:
Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik e.V.
Drei Fragen zur Lyrik von Ralph Schüller an Christian Dörr, Autor des "Bellerophon", Lyrik-Edition NEUN, Band 10, und zwei Gedichte des Dichters auf der Seite der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik:
Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik e.V.
"Bellerophon" von Christian Dörr hat nach seiner Bayern-Premiere nun auch seine Brandenburg- und seine Berlin-Premiere.
Den Auftakt macht die Lesung in Teltow. Er liest die Zyklen zu Bellerophon und zum Katzenmönche (Monastischer Frühling).
Der Herausgeber der Reihe Lyrik-Edition NEUN wird einen Auszug aus seiner Novelle "Amphion oder Die Magie der Lyra" lesen, dessen Titelheld die Mauern der Stadt Theben allein mit Musik errichtet.
An beiden Abenden wird der Chansonnier Michael Z. unser Lesen mit eigenen Liedern begleiten.
Die zweite Lesung findet im Rahmen des 6. Wilmersdorfer Lesesalons in Berlin statt, in der historischen Künstlerkolonie Berlin.
Warum soll nicht auch einmal der Januar ganz besondere Angebote bieten? Das im Verlag der 9 Reiche gerade neu erschienene 82-seitige Gedichtbuch von Dominik Sachsenheimer: "Exil Elegien" verfügt über zehn feine Zeichnungen des bekannten Künstlers Xago. Es kostet 17 Euro.
Xago (*19. Juli 1942 in Elsterwerda), eigentlich Rolf Xago Schröder, ist ein deutscher Maler, Grafiker und Dichter. Er lebt und arbeitet in Berlin sowie im brandenburgischen Friedrichsthal.
An der Humboldt-Universität Berlin studierte er von 1962 bis 1966, zunächst Philosophie bei Wolfgang Heise, dann Literatur- und Kulturwissenschaften. Zu seinen Kommilitonen zählten Wolfgang Thierse, Lothar Bisky, Renate Reschke und Frank Hörnigk.
Ab 1966 war Xago Assistent an der Hochschule für Film und Fernsehen Babelsberg. Dort kam er mit den Zeichnungen Sergej Eisensteins in Berührung, die ihn nachhaltig inspirierten. Er stand im Austausch mit den Maler-Regisseuren Andrei Tarkowski und Jürgen Böttcher (Strawalde), letzterer ermutigte Xago in seinen ersten Versuchen als Maler. 1970 wechselte Xago an die Deutsche Bauakademie der DDR. Er forschte zu Städtebausoziologie und den Malern am Bauhaus. Die Bauhauslehre Paul Klees interessiert ihn.
Freischaffender Maler und Grafiker, trat 1976 in den Verband
Bildender Künstler der DDR (VBK) ein. Neben Malerei und Grafik eröffnete sich
ihm über Lothar Reher, künstlerischer Leiter des Verlags Volk und Welt, das
Feld der Buchgestaltung. Xago wirkte seither an über 150 Büchern für 20 Verlage
als Zeichner, Illustrator und Gestalter mit, darunter einigen, die im
jährlichen Wettbewerb „Schönste Bücher der DDR“ ausgezeichnet wurden.
GZL – Januar 2023 – Empfehlung des Monats von Martin A. Völker
Die Corona-Pandemie hat im Kulturbereich immense Schäden bewirkt. Durch ausgefallene Buchmessen und Lesungen sowie durch gestoppte Verlagsprogramme sind Erwerbsquellen versiegt. Der ökonomische Schaden wird jedoch von dem emotionalen noch überragt: Kunst ist nämlich Kommunikation, und Kulturprodukte tragen überlebenswichtige Emotionen hin und her, sie geben Gefühlsanstöße, wo Denkanstöße unzureichend bleiben.
Deshalb ist es ein großes Glück, wenn nach dem pandemischen Orkan Kleinverlage wie zarte Bäumchen emporstreben und mutiger als so mancher Großverlag für reife Lesefrüchte sorgen. Die Lyrik-Edition NEUN im Verlag der 9 Reiche von Steffen Marciniak ist ein wahrer Juwelenkasten, in dem es funkelt und blitzt. Lyrik findet eine Sprache für Erlebnisse und Dinge, die so schön oder auch so schmerzhaft sind, dass sie die Betroffenen in drückender Sprachlosigkeit zurücklassen. Mit der Aufgabe, dem inneren Menschen zu Stimme und Ausdruck zu verhelfen, vereinigt sich der Künstler mit dem Psychologen.
Der Lyriker Patrick Hattenberg ist beides von Profession: Bei der Bundeswehr arbeitet er als Truppenpsychologe in der Krisenintervention, als Schriftsteller gewann er 2022 den Hanns-Meinke-Preis für junge Lyrik. Seine preiswürdigen Gedichte liegen als Band 7 von Marciniaks Edition vor. Der Titel „Heimathaut“ umspielt den Menschen als Bezugswesen. Erst die atmende Anwesenheit im Raum und die körperlich-emotionale Ortszugehörigkeit machen den Menschen zum Menschen. Hattenberg findet mit dem Titel eine starke Metapher dafür, was passiert, wenn die den Menschen wie eine Haut umschließende Heimat rissig wird oder durch äußere Angriffe bedingt in Fetzen herabhängt. Die ersten neun Gedichte zeigen den zu einem Nicht-Ich umgewandelten Menschen: abgeschnitten von der Außenwelt und in einen unwürdig kleinen Raum gesperrt. Wir alle könnten, wenn wir sprachmächtig genug wären, ein Lied davon singen, wie schnell das gelobte Homeoffice zu einem Gefängnis wird. Hattenberg beschreibt zugleich den emotionalen Ausnahmezustand, in den Menschen geraten, wenn sie ihr Gefängnis verlassen dürfen: „Weinen will ich stundenlang im Park“, heißt es in „Rasselatmung“. Der Autor hält ein eindringliches lyrisches Plädoyer für das Sich-Begegnen: In virtuellen Räumen nehmen wir zwar andere Menschen wahr, aber wir begegnen ihnen nicht. Zur echten Begegnung gehört der Blickkontakt, dem die Berührung folgt wie die Wärme der Nähe oder die Feststellung, sich riechen oder nicht riechen zu können. Eingesponnen sind Menschen in ihre, wie Hattenberg es formuliert, „Sinnennetze“. In ein solches verwickelt er auch seine Leserschaft und gibt ihr damit ein Stück der verlorenen Lebendigkeit zurück.
Martin A. Völker
Heute traf nun die letzte Buchproduktion des Jahres 2022 ein:
Dominik Sachsenheimers Gedichtband "Exil Elegien" mit den Illustrationen von XAGO (Rolf Xago Schröder).
Dominik Sachsenheimer: Exil Elegien
Mit 10 Zeichnungen von Xago
Zu bestellen: Verlag der 9 Reiche
email: neunreiche@aol.com
Unter 350 Einsendern schaffte Mary Jo Fakitsa (Band 6 der Lyrik-Edition NEUN) den Sprung auf die Longlist der besten 29 ausgewählten Lyriker.
Ihr eingereichtes Gedicht: "Weiße Linien" zum vorgegebenen
Thema "Unbeschwerte Kindheit".
Link zur Tafel der Geehrten: Sternenblick-Lyrikpreis 2022
![]() | ||||||
Lesung Mary Jo Fakitsa beim Lyrischen Garten, Osterode | |
Weiße Linien
Erinnern im Nirwana meines frühen Seins —
an weiße Linien auf der Straße von Athen
nach Euböa, umsäumt von hohen Pinien.
Straßenlinien, die mein Kinderauge maß,
die ganze Strecke lang, immer aufs Neue.
Vater am Lenkrad sucht im Radio einen Sender,
findet nur Rauschen, greift seine Kassette
voll griechischer Lieder, singt, und Mutti stimmt
ein. Schließlich auch ich, obwohl ich die Sätze
nicht verstehen kann, unbekannte Worte; die 80er
Jahre. Ich rutsche tiefer in das Rücksitzpolster,
starre nicht länger auf die unendlichen Linien.
Orange flackern Autobahnlichter, meine
Augenlider senken sich. Leiser seufzt das Radio,
Italo Disco, Pop-Idole. Lieder in mattem Ermüden
werden mir nun Schlafgesang. Ich höre noch sacht
meine Mutter flüstern, — der Junge ist bereit zur
Schlafschlummerreise. Vater lacht, Mutter dreht
sich vergnügt zu mir. Meine Wimpern flackern nun
nicht mehr, schließen mich in den ersten Traum
der Nacht.
Gute Nacht Autobahnlicht,
gute Nacht Mutti!
Ein Roman um den Flohmarktfund eines Gemäldes von Egon Schiele.
Es hatte sich so ergeben; die Dichterin Bibi ging an jenem Sonntag zufällig über den Flohmarkt, entdeckte ein altes Gemälde mit zwei Fischern in einem Boot, die ihre Netze aus dem Meer zogen, zahlte ein paar Euro dafür. Sie spürte in den Bewegungen des Fischerpaars die Schwere des Lebens, das tiefe Grau im Meeresblau; trug das Gemälde heim, entzifferte erst dort die Signatur SCHIELE auf dessen Rückseite. Diesen Namen nicht kennend, schaute sie im Internet, wer das sein könnte.
Neun Jahre führte sie Kämpfe mit Experten, Museen, Kunstliebhabern, Dieben und dazu mit ihren Lebensproblemen …
Sie fühlte, nur wenn sie diese Schlacht gewinnt und beweist, da einen echten Egon Schiele gefunden zu haben, dann würde sie gerettet sein …
Mehrere Autoren der Lyrik-Edition NEUN sind Mitglied der Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik (GZL). Sechs von Ihnen haben dort auf ...