Lyrik Edition NEUN

Lyrik Edition NEUN
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Donnerstag, 18. April 2024

Lyrik:Post der GZL zu Florian Birnmeyer

 
Auf der Webseite der Gesellschaft für Zeitgenössiche Lyrik (GZL), Leipzig hat die neue Lyrik:Post 08/2024 fünf Gedichte von Florian Birnmeyer veröffentlicht und ein kurzes Interview:
 
LINK:
 
 
Drei Fragen zur Lyrik an Florian Birnmeyer:

 
Welcher Art war Ihre erste Begegnung mit Lyrik?
 
Linolschnitt: Steffen Büchner
Uns wurde früher vorgelesen, und da gab es auch eine bunt illustrierte Sammlung mit
Liedern und Gedichten, die mich geprägt hat. Aus Kinderversen wurden in der Schule
Gedichte von zunächst Mörike und Kästner, dann Celan, Heine und Brecht, und später
las ich auch französische Dichter wie Baudelaire, Rimbaud oder Apollinaire. Für meine
wissenschaftliche Arbeit lese ich die Gedichte von Renaissance-Dichtern wie Du Bellay
und Ronsard.
 
Was macht Lyrik für Sie bedeutsam?
 
Lyrik ist für mich über die Jahre ein wesentlicher Teil meines Lebens geworden.
Müsste ich darauf verzichten, würde mir etwas fehlen, ein Ausgleich, ein kreativer
Gegenpol zum Alltag, eine Form, sich in der künstlerischen Arbeit auch mit anderen
Menschen zu verbinden, die ähnlich denken und fühlen.
 
Wer darf Ihre Gedichte zuerst lesen?
 
Ich schicke meine Gedichte zuerst an einen sehr guten Freund, der mir ab und zu auch
eine Rückmeldung gibt, vor allem dann, wenn ihm ein Gedicht besonders gut oder aber
besonders wenig zugesagt hat. 
 
Kurzvita:
Florian Birnmeyer, geboren 1990 in Nördlingen, studierte Latein und Französisch für
Lehramt Gymnasium in Erlangen und Paris. Aktuell Promotion in romanistischer
Linguistik in Erlangen und Arbeit als Dozent für Deutsch als Zweitsprache und weitere
Fächer in Fürth. Veröffentlichungen als Lyriker in Anthologien und Publikation eines
Gedichtbandes („Storchenstolz“, Verlag der Neun Reiche). Rezensent bei dem Literatur-
blog Der-Leser.net und weiteren Literaturkritik-Seiten (Literaturkritik.de, Lyrikkritik.de).



 

Freitag, 29. März 2024

Rezension zu Florian Birnmeyer: „Storchenstolz“

 
 
Vom Liebeserwachen

Florian Birnmeyers Gedichtband „Storchenstolz“

Rezensiert von Ursula Maria Wartmann (18.03.2024)
 

Rezension auf "Faust"-Kultur

 
Gedichte bleiben schlank, wenn jemand nicht viele Worte macht. Der Romanist Florian Birnmeyer schreibt solche Gedichte. Auch wenn es um antike Mythen und schwules Begehren geht, um Krankheit und Tod, bleibt er beim klassischen Ideal des „Nie zu viel“. Ursula Maria Wartmann ist vom „Storchenstolz“ angetan.
 
 

Stolz und Demut, Fall und Aufstieg, Morpheus‘ magische Träume, Macht und Ohnmacht schwuler Liebe … Es sind mächtige Gefühle, die der 33jährige Florian Birnmeyer in seinem „Storchenstolz“ aufruft – und zunächst Anleihen macht in der griechischen Mythologie.

Das Wasser
Meiner Nemesis
Säuselt leise
Schleift die Steine

(Aus: Im Nass)

Nymphen im Halbschatten und lüsterne Bacchanten, Orpheus, der Eurydike erneut „ans Ewige verliert“ – da wird viel Personal aufgefahren, das metaphorisch Melancholie transportiert und Sehnen, das Angst vor der Rachegöttin beklagt und drängend nach Heimat ruft:

Die Seelen
Wandern
Wie Nachen
Auf dem Fluss
Des Lebens.

So unversehrt
Im Tiefsten
Sehnsuchtsvoll
Nach Einkehr bittend
Zur Heimat hin.
Einheit.

So.

(Aus: Unter der Weide)

Eine charmante Eigenart übrigens: Dieses „So.“. Es beeendet jedes der 27 Gedichte. Man kann es als Trotz lesen, als Triumph – oder schlicht als selbstbewusstes Statement. Hier hat jemand seinen Standpunkt gefunden und tut ihn der Welt nun kund. (Und kommt sogar ohne Ausrufezeichen aus.)

„Neun Gedichte aus antiker Zeit“ hat Birnmeyer, den ersten Teil des schmalen Bandes genannt; „Neun Gedichte vom Liebeserwachen“ heißt der zweite.
Gleich eingangs wird offenbar ein schwules coming out geschildert; Erleichterung klingt durch und Erschrecken.

Du hast ihn erblickt,
bist nun,
wo zu sein dir richtig dünkt,

In deinem Land der Sinne,
Gefühl der Ruhe
und des Aufruhrs zugleich.

(Aus: Ruhe und Aufruhr)

Ein veraltetes „dünkt“ irritiert an dieser Stelle – wie an anderer Stelle „dräuend“, „gülden“. Eine Sinnhaftigkeit erschließt sich hier nicht. Diese tritt in „Vampirdomizil“ allerdings unverblümt und witzig zutage:

„Wer hat den besseren
Biss?
Wer von uns hat
Mehr Jünglinge gerissen?“

Florian Birnmeyer ist in „Storchenstolz“ kein Mann vieler Worte. Opulenz ist seine Sache nicht. Eher Bescheidenheit, die knappere Form; und wo es bei anderen glüht, ist es bei ihm eher ein Glitzern, hell, hartnäckig und beständig. So wie im namengebenden „Storchenstolz“:

Du meine Knospe
Noch leicht geschlossen
Wundersam daran genippt
Im Morgentau des
Ersten Tages –

„Neun Gedichte vom Fallen und Wiederaufstehen“ heißt der dritte Teil. Es geht um Dankbarkeit angesichts gelebter Liebe. Um den Tod eines Freundes, der beklagt und dennoch mit innerem Frieden angenommen wird.

In gleich drei Gedichten klingt das Thema Epilepsie an.

Weiße Schäume stoßen hervor
Ergießen sich um deinen Mund.
Sie knospen auf
Wie eine salzige Blüte
Die sich beständig vermehrt.

(Aus: Rückkehr ins Leben)

Das letzte Gedicht heißt „Aufbruch“. Es nimmt das Storchenbild wieder auf und ist Appell – könnte angesichts neu erblühender queerer Diskriminierung auch als politischer Appell gelesen werden:


Da erhob sich der
Storch aus Ostwest
In die Lüfte
Flog durch die Weiten
Getaucht in ein Türkis des Himmelsblau
In seiner weißrosarotschwarzen Anmut.

Lasst uns dasselbe wagen –

So.

„Storchenstolz“ ist erst kürzlich im Verlag der 9 Reiche – Lyrik Edition NEUN – erschienen. Der Name ist Programm: Je dreimal neun Gedichte umfasst jeder Band der schön gestalteten Reihe, kongenial ergänzt durch Linolschnitte von Steffen Büchner. Der in Nürnberg lebende Florian Birnmeyer studierte Frankoromanistik und Latinistik an der Uni Erlangen-Nürnberg und an der Sorbonne in Paris. Er arbeitet als Dozent, Literaturkritiker und Rezensent und promoviert in romanistischer Sprachwissenschaft.
Seit mehreren Jahren betreibt er einen Literaturblog.

Mittwoch, 28. Februar 2024

Jetzt neu: Lyrik-Edition NEUN, Band 22,25,26

 
Neuerscheinungen
 
Drei  neue Bände sind in der Lyrik-Edition NEUN in den ersten beiden Monaten des Jahres 2024 erschienen:

Band 22: Mariska von Waldstetten : Salzchroniken


Band 25: Florian Birnmeyer: Storchenstolz


Band 26: Giorgis Fotopoulos: Seeseele



Freitag, 19. Januar 2024

Rezension "Prinzenverstecke" (S. Marciniak) bei Signaturen-Magazin

Rezension von Florian Birnmeyer im Magazin Signaturen zu Steffen Marciniaks Gedichtband Prinzenverstecke (Januar 2024):


Link:
 

Es gibt Gedichtbände, die bestechen durch ihre Komposition, durch ihre ausgearbeitete Struktur ebenso wie durch Sprache und Rhythmus. Zu diesen lyrischen Werken gehört Prinzenverstecke, ein schmaler Band aus dem Hause Lyrik Edition NEUN, dem man mehr zutrauen darf, als der bescheidene Umfang von 27 Gedichten zunächst vermuten lässt.

Steffen Marciniak begibt sich in den drei mal neun Gedichten, die jeweils einem inhaltlich bzw. formal strukturierenden Thema (PrinzenversteckeZiffermythenNordlauschen) untergeordnet sind, auf die Suche nach dem Verlorenen, dem versteckten Prinzen, der bukolischen Liebe, die er in mythischen Landschaften und nordischen Gefilden zu finden hofft.

Nicht Edelweiß noch Miere weisen den Weg
Zu einem arkadisch durchflößten Leben ⋅ für mich
Und dich ⋅ bis dann Basaltgesteine anheben:

 

Zu einer Steinblume  die ein Geländer bildet
Um neunundneunzig Stufen zu einer Pforte
Hinter der ich deine geheime Insel vermute.
 
(Steinblume)

Marciniaks Lyrik ist gerichtet auf die – nicht blaue, aber doch romantisch verklärte – Blume, die im ersten Teil des Bandes mal als Wüstenblume, dann wieder als Steinblume und schließlich als Meeres-, Schnee- oder auch als Feuerblume vorkommt. Das lyrische Ich durchlebt die verschiedenen Stadien der natürlichen Elemente und wechselt zwischen Utopie, Bukolik, Melancholie und Prinzenversteck, dem idealisierten und geliebten Du der Gedichte, hin und her.

Ich schreite voran und schreie nach dem Sinn
Dieser schroffen Wüste voll rauer Sedimente
Doch ich finde den See mit den rosa Flamingos.
 
(Salzblume)

Im zweiten Teil des Bandes gibt die Ziffernlogik von 1 bis 9 den Gedichten eine Struktur vor, dazu kommt eine mythologische Thematik, gerade so als sollte die leidenschaftliche Aussage der vorangegangenen neun Gedichte durch die neu gefundene Ordnung aufgewogen und ins dialektische Gegenteil verkehrt werden. Während sich Gedicht 1 dem ersten Menschen der Bibel, Adam, widmet, folgt mit dem zweiten Gedicht ein mythologisches Werk über die Dioskuren usw.

Mythologie und Nummernsymbolik verbinden sich bei Marciniak gekonnt, auch wenn dies manchmal wie ein in der neueren Lyrik ungewohntes Korsett wirkt. So begegnen wir im Gedicht Vier Ströme den vier Elementen, den vier Erzengeln und den vier Himmelsrichtungen genauso wie den vier Tageszeiten und Jahreszeiten:

Über dem Obelisken  der an den Himmel reicht
Ahne ich die Blitze aus Glanz der vier Thronengel
Michael  Uriel  Gabriel  Raphael. Am Weltentisch
Lenken sie meinen Blick in vier Sonnenrichtungen:

 

Afrika im Süden  am Nil  gehüllt in Vergangenheit
Der ersten Menschen  die hier aufgetaucht sind.

Wer vermutete hier den Quell des Entstehens? 


Marciniak schreibt eine formal sehr ausgeklügelte Lyrik, die mitunter ein wenig zu sehr auf die Gelehrsamkeit und die mythologische Erlesenheit setzt und darüber ins Prosaische hinübergleitet. Stark ist Marciniaks Dichtung dort, wo er Erfahrung, Gefühl und Mythologie, Sage, Märchen zu einem wirkkräftigen Ganzen verbindet:

Im Klingen erwacht aus dem Schlafe die Nacht 
Die Mondlibellensichel leuchtet den Flügelwesen
Ihren Weg. Wie Glühwürmchen im Pizzicatoschritt
Finden elfische Gäste sich zur Mittsommernacht ein.

Dies trifft vor allem auf den dritten Teil des Bandes zu, der nordische Sage mit Reise- und Lebenserfahrungen in Lettland, Litauen, Norwegen, Dänemark sowie klassischen Musikstücken kombiniert, die man als Ergänzung zu der Lektüre anhören kann (Genannt wird zu jedem der neun abschließenden Gedichte ein Komponist mit Musikstück). Marciniaks Gedichte in diesem Teil sind im Grunde poetische Kommentare zu der Musik, die diese in lyrischer Form weiterentwickeln, in einer raffinierten Verknüpfung verschiedener Kunstformen und Gattungen.

So zum Beispiel in Lettische Farben (Musikstück: „Regenbogen“ von Janis Ivanovs):

Siebenmal blitzt im Regenbogen der Harfenhall,
Die Schar der Geigen schiebt Nässewolken fort
Und letzte Tropfen malen den Farbenkreis.
 
Mal ruhig, mal düster, mal persönlich, dann wieder poetologisch zu lesen fährt Marciniak in diesem letzten Teil noch mal alle Geschütze auf und wechselt häufig die Tonart und Sprechweise. Persönlich wird es beispielsweise in Schwedische Nächte, wo die Dichotomie aus Utopie, Ideal, idealisierter Liebe und Traurigkeit und Melancholie wiederkehrt:

Traurigkeit schmelzt [sic!] meine Kraft  wenn andere
Spotten  weil ich süße Worte dir widme  wie
Auch den Engeln oder Epheben – Da trittst du
Auf meine Schwelle und lockst mich ins Freie.

Im letzten Gedicht des Bandes Ukrainische Gebete wird die Komposition von Valentin Silvestrov aus dem Jahr 2014 von Marciniak poetisch kommentiert, wobei das Gedicht durchaus politischer und kämpferischer hätte formuliert sein dürfen.

Ein Gebet den Verteidigern  denen mit jedem Ruf
Der Geige  eine Blume aus der Heimaterde wächst 
Mit weißen Blüten aus Schmerz. Über Dornen weht
Der Wind zum Traum  einer Rückkehr in die Freiheit.

Marciniaks Domäne ist jedoch nicht der Kampf, sondern das Individuum, die Sage, das Bukolisch-Gefühlvolle. Er ist ein mythologisch belesener und vorgebildeter Lyriker, der sich in der Utopie und im Altertum zuhause fühlt, auch wenn das in unseren Zeiten nicht überall Anklang findet.


 

Sonntag, 27. August 2023

Linolplatte für Florian Birnmeyer fertig

 

Band 25 der Lyrik Edition NEUN wird wieder ein Debüt sein.
Florian Birnmeyer mit dem schönen Titel "Storchenstolz".
Die Gedichte sind inzwischen ausgesucht und lektoriert.
Hier bereits ein Blick auf Steffen Büchners Linolplatte:

 


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