Wolfgang Fehse: Moritaten und andere Gesänge
"War das nun des Lebens Süße/
oder ist's des Daseins Schmerz?"
Mit teils farbigen Illustrationen von Eva-Maria Nerling
36 Seiten, 180 x 180 mm,
Hardcover, Fadenbindung
15 Euro
ISBN: 978-3-948999-93-3
Vorwort von Steffen Marciniak:
Moritaten, eine
volkstümliche Form des Erzählliedes, — Schauerballaden, Bänkelsang von Mord-
und Gräueltaten, welche drei Jahrhunderte bis ins frühe 20. Jahrhundert dargeboten
wurden —, sind heute kaum noch präsent. Sie waren zugleich Nachrichtenübertragungen,
orientierten sich an wahren Ereignissen, literarisch ausgeschmückt, auf
Jahrmärkten vorgetragen, öffentlichen Straßen und Plätzen, häufig begleitet von
Drehorgel, Harfe oder Violine. Um die Dramatik zu erhöhen, wurden Bilder auf
Leinwänden oder Moritatentafeln präsentiert, auf die mit einem langen Stock
gezeigt wurde.
Als Moritatensänger
aus den Stadtbildern längst verschwunden waren, schrieb Bertolt Brecht seine
Dreigroschenoper und hob mit der Moritat von Mackie Messer, durch Kurt Weill
mit seiner Leierkastenmusik begleitet, den schaurigen Bänkelsang noch einmal
aus der Versenkung.
Nun ist die Moritat
als Mittel von Nachrichten oder Unterhaltung den modernen Medien gewichen.
Goethes Schwager Christian Vulpius stellte mit dem Erfolg seines "Rinaldo
Rinaldini" selbst den Dichterfürsten in den Schatten. In der Zeit von
überall verfügbaren Informationen kann man sich kaum vorstellen, wie eine
Räuber-Moritat einst die Gemüter bewegte.
Heute lesen wir
Wolfgang Fehse, hören seinen skurrillen Witz mit Lust, dem man sich nicht
entziehen kann. Er verführt, seine Strophen mitzusingen; mit starker
Leidenschaft, ohne je zynisch zu werden, regt er das Wiederentdecken des
Bänkelsangs an, versetzt uns dabei ganz modern in die heutige Zeit, die, an
Chaos kaum zu überbieten, ohne einen solchen Humor kaum noch zu ertragen ist.
Kongenial, wie zu alten Zeiten, verweisen die Illustrationen von Eva-Maria
Nerling auf die althergebrachte Symbiose aus Text, Musik und Bild.
Der kleine Engel schwebt über Hagen
Der kleine Engel schwebt über
Hagen
Wird herabgefleht, zur Kirche
getragen
Verehrt und gezügelt Begehrt
und geprügelt
Und glöckchenklingelnd ans
Kreuz geschlagen.
(Wolfgang Fehse)
Inhaltsverzeichnis:
Biographien:
Wolfgang Fehse
Geb. 1942 in
Nürnberg, lebt in Berlin. Graduierter Sozialpädagoge, Poesiepädagoge, studierte Theaterwissenschaften. Seit 1964 veröffentlicht er Lyrik, Prosa, Dramatik. Häufig bibliophile Drucke in Kleinverlagen,
z.B. in der Atelier Handpresse: Das Loch in der Mitte des Kuchens, 1994, Der
dickste Hund, 1999 und Affenschaukel (Limericks), 2012. Bei BonsaitypArt: Der
Turm, 1995, Der Teppich zum Glück, 1996 und Die Bunker bei Port de Miramar,
2002. In der Corvinus Presse: 11 Limericks, 1999, 11 kleine Limericks, 2004. Im
Kulturmaschinen-Verlag der Roman Karneval in X oder Die Macht der Poesie, 2010. Im Pohlmann Verlag: Der Enkel des Fabrikanten, Roman, 2019. Zuletzt Kurzprosa: Narren Esel Eulenspiegel. Vom 14. bis zum 21.
Jahrhundert, 2020 sowie Der Fluch. Texte und Grafik gegen den Krieg, 2022.
Mitherausgeber von Zeitschriften und Anthologien. Sein Theaterstück Das Gerät
wurde vom Berliner Volkstheater und vom Theater der Autoren aufgeführt
(1986/87). 2007 erhielt er den Sonderpreis beim Lyrikfestival Montenegro.
Zweimal erste Preise beim internationalen „Landschreiber Wettbewerb“, Münster
(Prosa, 2020, Lyrik 2023).
Eva-Maria Nerling
Geb. 1949 bei Hamburg, in
einem baltischen Elternhaus aufgewachsen, Lehrerausbildung und einem
Studium (1973-76) in der HfBK Hamburg in der Meisterklasse von Rudolf Hausner
aus Wien. Ein paar Jahre später entdeckte sie den Computer als grafisches Hilfsmittel. Sie
arbeitete in Verlagen, Satzbetrieben und Agenturen als Setzerin und Layouterin
und malte in der Freizeit. Gelegentlich Ausstellungen, zuletzt im Kulturschloss
Wandsbek. Für die Wandsbeker Bürgerversammlung gestaltete sie viele Male
Präsentationen für Gedenkveranstaltungen im Zusammenhang mit Stolpersteinen und
schafft bis heute Illustrationen, Buchcover, Plakate und Akzidenzdrucke. Die
hier gezeigten Illustrationen sind konsequente Fortsetzung
ihres graphischen Werks mit digitaler Unterstützung.
Stimmen:
Den guten alten Bänkelsänger gibt es noch. Auf dem Cover des Buches stützt er sich auf die Drehorgel und zeigt mit dem Stab auf die Begegnung der forschen Jungfrau mit dem Leibhaftigen. Darunter steht: War das nun des Lebens Süße, oder ist´s des Daseins Schmerz? Auch nach der Lektüre schwer zu sagen, Der Herausgeber Steffen Marciniak preist die Werke Fehses mit treffenden Worten und Eva-maria Nerlings Illustrationen passen vorzüglich dazu.
Hans J. Eisel, Herausgeber "Am Zeitstrand" - Literarischer Rundbrief (Nr.53)
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