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Lyrik Edition NEUN — Literatur im Quadrat / Lyrik — Prosa — Anthologie
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Dienstag, 10. Mai 2022

Autoren beim 7. Griechisch-Deutschen Literaturfestival 2022

Am 12. Mai 2022 beginnt in Berlin das 7. Griechisch-Deutsche Literaturfestival.

Die Organisation des Berliner Prologs: Steffen Marciniak

3 Veranstaltungsabende wird es geben. Die ersten beiden, am 12. und 13. Mai 2022, finden im Lessinghaus im Nikolaiviertel, Nikolaikirchstr. 7, Berlin-Mitte am Alexanderplatz statt. 

Der 3. Abend, am Samstag, den 14. Mai 2022 widmet sich ganz den Hanns-Meinke- Preisträgern für junge Lyrik, die im Verlag der 9 Reiche daraufhin alle eine Buchveröffentlichung bekamen. Die Veranstaltung findet statt im Gutshaus Steglitz, Wrangelschlösschen, direkt neben dem Schloßparktheater, Schloßstr. 48. Es gibt ein Buffet.

Alle Veranstaltungen beginnen um 19:30 Uhr.

Hier nun aber der gesamte Überblick:

 

Teilnehmer:

12. Mai:   

Şafak Sarıçiçek, Renate Maria Riehemann, Martin A. Völker, Heidi Ramlow, Steffen Marciniak

13. Mai:

Ulrich Grasnick, Raoul Eisele, Mary Jo Fakitsa, Slavica Klimkowsky, Steffen Marciniak

14. Mai: 

Max Drushinin, Anselm Retzlaff, Gabriel Wolkenfeld, Patrick Hattenberg, David Yonan (Violine)







 



 


Mittwoch, 13. April 2022

Lesung Gabriel Wolkenfeld im LCB

Gabriel Wolkenfeld im LCB Berlin:

Da-Zwischen

12.04.2022
Literarisches Colloquium Berlin · Am Sandwerder 5 · 14109 Berlin

Mit Fatma Aydemir, Krisha Kops und Gabriel Wolkenfeld
In der Reihe STOFFE. Woraus besteht die Gegenwartsliteratur?

 

 Gabriel Wolkenfeld, 12.04.2022 (rechts im Bild)

Auf der Webseite des LCB:     Literarisches Colloquium Berlin 

sind diese 5 Dichtungen von Gabriel Wolkenfeld veröffentlicht:

 

5 Stoffe

von Gabriel Wolkenfeld

Leinen

Ein Stoff, dem man seine Herkunft anmerkt. Einer, der nicht verleugnet, dass er Natur ist, der Erde entwachsen, durchlässig für Wind und Regen, anfällig für die Nacht. Für das Bild braucht es einen blauen Himmel und ein Weizenfeld, durch das man gemächlich schreiten kann. Die Hände streichen über die reifen Ähren, aus denen das Korn fast von allein herausfällt. Die kokette Stickerei auf der Brust ist DNA, QR-Code oder Signum. Den Eingeweihten verrät sie die Herkunft. Babusja Lesja schwört: Sie wehrt die Dämonen ab, die sich, vorzugsweise über Brust, Ärmel oder Kragen, Zugang zum Körper verschaffen. Auf Lesungen, behauptet meine Luftschlossagentin, wehrt die Wyschewanka dumme Fragen und hässliche Kommentare ab. Ich trage sie als einen Gruß an das Land, das mir, ohne allzu viele Dokumente zu fordern, ein zweites Zuhause wurde.

 

Brokat

Die Einsamkeit ist ein Kleid, das keine großen Schritte erlaubt. Angenehm trägt es sich nicht. Die Haut kann nicht atmen. Es verleitet nicht dazu, Luftsprünge zu machen oder allzu freigiebig Umarmungen zu verteilen. Die Träger schneiden ins Fleisch. Ständig ist man versucht, sich an Stellen zu kratzen, die unerreichbar sind. Umso länger man dieses Kleid trägt, desto schwerer wird es. Wenn niemand hinschaut, löse ich die Schnürung. Zugegeben: Es ist traumhaft schön. Mir schmeicheln die Raubtierblicke der Frauen, die sich fragen, wie ihnen dieses Kleid wohl stehen würde, die Scheu in den Augen der Männer, die es nicht wagen, eine schlüpfrige Bemerkung in meine Richtung abzufeuern. Ich sehe reich aus, wie ausgeschnitten aus einem Gemälde, das im Louvre hängt. Die Billigvarianten aus dem Online-Handel bringen es nicht. Einsamkeit kann sich eben nicht jede leisten. Ich trage mein Kleid im Hinterhofverlies, aber auch wenn ich unter Menschen bin, auf Tagungen oder Empfängen. Obwohl ich es nie in die Reinigung gegeben habe, zeigt es keinerlei Abnutzung. Es sieht aus wie neu, aber es ist hundert Jahre alt.

 

Seide

Die Nacht ist aus Seide gemacht, nicht von Raupen gesponnen, sondern von friedliebenden Ungeheuern, von durchgedrehten Kräuterfrauen erdacht. Die Nacht ist das Epizentrum meiner Gedanken. Die Stimmen, die tagsüber auf die Lautstärke eines Bienenschwarms anschwellen, streben nachts auseinander. Sie verflüchtigen sich. Und ich kann sie vernehmen, erst gedämpft, ein Glucksen, wie unter Wasser, dann bestimmter: die eigenen Gedanken. Eine Stimme, die ich mir mit niemandem teilen muss. Die Nacht, versetzt mit Scherben und Schnaps, ist die Heimat für Rumtreiber, auch für jene, die sich nicht erheben. Die stockfinsteren Stunden sind die Zeit für das Zwiegespräch mit den Ikonen. Wenn ich schreibe, sitzen Yehuda Amichai, Marina Zwetajewa und Paul Celan an meinem Tisch, an seiner Seite die Bachmann, that crazy Mayröcker girl. Ulrich Koch. Grigori Kanowitsch, Ljudmila Ulitzkaja, Isaac Babel. Virginia Woolf und Sarah Kane.

 

Samt

Ich trage das Käppchen fast nie. Es auszusortieren aber wäre undenkbar. Ich bewahre es im Kleiderschrank in Schmucknähe auf. Wenn ich auf Reisen gehe, gehört es zu den zehn Utensilien, auf die ich nicht verzichten kann. Zu viele Geschichten habe ich gehört von Menschen, die nicht zurückkehrten. Das Käppchen ist aus nachtblauem Samt. Den Saum entlang schlängeln sich Silberfäden, die sich umgarnende Tränen bilden. Ich habe es vor Jahren geschenkt bekommen. Von einem Mann, der es von seinem Vater hatte und in meiner Seele seinen verstorbenen Sohn zu erkennen glaubte. Ich habe kein Erbe angetreten. Ich bin hineingestolpert.

 

Pailletten

Ich mag Pailletten. Für meinen Geschmack kann es gar nicht genug glitzern und funkeln. Ich mag Perlen und Ringe, Halsketten, Broschen. Ich mag Federn. Ich mag alberne Hüte und absurde Accessoires. Ich mag ausladende Gesten. Ich schätze die Möglichkeit, durch einen kleinen Eingriff oder ein wenig Puder, zu korrigieren, was die Natur missverstanden hat. Freuen wir uns, dass wir nicht auf unsere Gene festgelegt sind und lernen wir, auszubrechen aus den Mustern, die uns zugewiesen sind. Ich muss durch die Wahl meiner Kleidung nicht bestätigen, was ich bin. Warum sollte ich es in Form und Schnitt wiederholen? Nur damit auch der Allerletzte ein Wort für mich findet? Ich muss nicht Pailletten tragen, um zu schillern. Aber ich kann.

Donnerstag, 9. Dezember 2021

Besprechung von Gabriel Wolkenfelds "Sandoasen" bei "Signaturen"

 

Stefan Hölscher


Gabriel Wolkenfeld: Sandoasen. Gedichte – Israelisches Album. 
Berlin (Verlag der 9 Reiche – Hg. Steffen Marciniak) 2021. 32 Seiten. 9,00 Euro.

Das Flirren der Oasen

Rezension von Stefan Hölscher zu G. Wolkenfeld: Sandoasen 

Zwei Jahre ist es her, dass ich Tel Aviv und Jerusalem besucht habe, zwei Orte, die tiefe Spuren in mir hinterlassen und solgleich das Verlangen geweckt haben, mehr von dem faszinierenden Land Israel kennenzulernen, für dessen Besuch uns damals nicht mehr als zwei Wochen blieben. Andere Orte, andere Land- und Küstenstriche, andere Momente israelischer Kultur zu erfahren: dazu bot sich jetzt ganz unerwartet eine weitere Gelegenheit. Und ganz pandemiekonform bot sie sich so, dass ich zugleich zu Hause sitzen bleiben und poetisch-virtuell auf Reise durch das Land gehen konnte. Eine Reise, die, obwohl kürzer als die erste, dieses Mal sogar durch ganz verschiedene Orte führte: Jerusalem und Tel Aviv waren erneut dabei, aber auch Java, Petach Tikwa, Bethlehem, Caesarea, Akkon, Tiberias, Haifa, Afula, Netanya und andere Orte mehr. Orte, durch die uns Gabriel Wolkenfeld in den Gedichten seines „Israelischen Albums“ „Sandoasen“ führt, das in der von Steffen Marciniak herausgegebenen Reihe „Lyrik Edition NEUN“ erschienen ist.

Nicht nur, weil das Bändchen mit gerade mal 30 Seiten vom Umfang sehr dünn ist, und nicht nur, weil die prosanahen Gedichte darin einen weich fließenden Duktus aufweisen, sondern auch weil Wolkenfelds Sprache in diesem Band Lesenden keinerlei Hürden in den Weg stellt, sind die „Sandoasen“ schnell zu durchreisen. Wolkenfeld bedient sich einer bildstarken, zugleich aber eingängigen lyrischen Rede, die auf Elemente wie das Zerlegen von Wort- und Satzmaterial, das Wechseln und In- und Gegeneinanderschieben verschiedener Sprachebenen, den Einbau anderer Textgattungspassagen in das lyrische Gebilde und andere Formen, die das Lesen zeitgenössischer Lyrik fordernd und sperrig machen können, komplett verzichtet. Man könnte Wolkenfelds Texten zum Vorwurf machen, dass sie 0,0% Avantgarde und viel zu viel poetische Herkömmlichkeit enthalten. Man könnte sie aber auch ganz ungehemmt genießen und sich mit ihnen auf eine poetische Reise begeben. Und das ist dann keine Israel-Saison-Katalog-Pauschalreise, sondern ein sensitives, auch durchaus melancholisch gefärbtes, in jedem Fall aber durch und durch persönlich geprägtes Erfahren israelischer Orte, die Wolkenfeld immer wieder aus ungewöhnlichen Perspektiven betrachtet, zum Beispiel gleich im Startgedicht der Sammlung:

Meist grußlos fegen die Mauersegler den Betenden die Kippot von den Köpfen. Verschwinden in fingerbreiten Sekundenhotels, aus Jerusalemstein ohne Applikationen, mit Insektensnackbar.
(aus „Jerusalem I“)

Oder hier:
Der Himmel auf den Bildern graut nach. Benebelt von Weihrauchschwaden taumelt eine kleine Sünderin zurück in diesem unheiligen Alltag. Die Müllabfuhr nimmt ihr die Vorfahrt. In einer Werkstatt unweit der Geburtskirche schnitzt ein arabischer Junge das hundertste Jesuskind.
(aus „Bethlehem“)

 

 
 
Wolkenfelds Wahrnehmen ist immer ein Verweben: ein Verweben von spirituell Aufgeladenem („die Betenden“ an der Klagemauer) und (mauer-)segelnd leicht Hinwegfegendem („fegen von den Köpfen“), von historisch Bedeutsamem („Jerusalemstein“) und situativ komisch Dazwi-schenfahrendem („Insektensnackbar“, „Müllabfuhr“), von evident erscheinend Realem („Himmel“) und schrägen Imitaten („Der Himmel auf den Bildern graut nach“; „das hundertste Jesuskind“)  und auch ein Verweben von Außen und Innen, von Natur und Ich bzw. Du, von Gegenwärtigem und Erinnertem:

Masada
 
Für den Hibiskus hafte ich nicht. Keine Blüte trägt die Feige. Hundertfach lässt der Mohn seinen Kopf hängen: Grün schaukeln die Kapseln im Wind. Fast schon ein Wunder, dass die Hälse, bindfadendünn, nicht einfach reißen. Den Scherenschnitten der Akazie sind unsere Träume verwandt, den Spuren der Salamander im Sand. Uns, noch am ehesten, ist die wilde Ödnis gemäß. Wir gehören nicht in Gärten voll üppiger Schönheit. Wir kommen aus der Wüste, wo verbrennt, was die Sonne begehrt, und verdunstet, wer seine Körpersäfte nicht bei sich zu halten vermag. Undenkbar von hier: der Wellengang der Levante, die Schneewehengesichter derJerusalemerinnen, die Akupunktur des Himmels. Meine Wirbel konkurrieren nicht mit den Säulen des Westpalastes. Neuland sind meine Gebete. Meine Volljährigkeit ist verjährt: Auf der Morgenseite meiner Erinnerung führt ein Junge in den Perlonstrümpfen seiner Mutter babylonische Tänze auf.

Was so entsteht, sind in jeder Bedeutung dieses Wortes intensiv sinnlich bewegte Impressionen: ein Flirren der Wahrnehmungsbilder ähnlich dem Flirren der aufgeheizten Luft in den Sandoasen. Zugleich entsteht aber auch quasi als Kontrast zum ruhelosen Flirren eine ordnende Struktur durch die von Wolkenfeld favorisierten kurzen und grammatisch in sich glasklaren Sätze. All dies begünstigt das schon erwähnte Phänomen des Schnelllesens und –reisens, zu dem die Oasengedichte einladen können.

Wert sind sie es jedoch sicherlich, auch ein zweites, drittes, weiteres Mal gelesen zu werden mit dem Auge des Entdeckers, das in Wolkenfelds Sandoasen auch beim wiederholten Hinschauen noch fündig werden wird, und sei es, dass es entdeckt, dass sich inmitten all der israelischen Ortsgedichte ein königlich-queeres Liebesgedicht eingeschlichen hat:

Drei Könige
 
Der Abend ist müde. Die Nacht
erwacht, und zeigt sich im Sternenkleid.

Der Regen trommelt leise sein
Lied gegen die Scheibe. Ich schreibe dazu

mit meinem Zeigefinger ein paar Zeilen
auf deine Schulterblätter.
שתי יונים, אדם, הן עיניך.
מתוקות מדבש שפתיך.
האיבר שלך מלכותי כמו של המלך שלמה.1

Wir sind unterzuckert. Wir haben
des Zaunkönigs Traurigkeit eingeatmet.

Geliebt, bis die Lust versiegt. Wir haben gelacht,
bis der Körper erschlafft. Fake war die Welt,

bevor ich dich traf: Sorge dich nicht, ich
übergebe dich nicht dem Gevatter Schlaf.

1 Zwei Tauben, Adam, sind deine Augen.
Süß wie Honig sind deine Lippen.
Königlich ist dein Schwanz so wie der König Salomos.

 

 

Samstag, 4. Dezember 2021

Gabriel Wolkenfeld in der Berliner Volksbühne

 

Etwas ganz Besonderes erwartet uns und die hoffentlich vielen Leser: am heutigen Samstag, den 4.12.21. Unser Autor Gabriel Wolkenfeld liest aus seinem neuen Roman "Babylonisches Repertoire". Der Ort der Lesung ist ein ganz großer: die Berliner Volksbühne, und dort im Grünen Salon. Zu finden ist die Volksbühne am Rosenthaler Platz.

Den Gedichtband "Sandoasen" aus unserem Verlag hat er natürlich auf seinem Büchertisch. Und auch heute gesichtet im Buchladen Eisenherz, da sieht man beide Bücher auf dem vordersten Tisch im Eingangsbereich:

 

 
 

Samstag, 27. November 2021

SandHimmel und TempelSang in Lettrétage

                                         

Die Buchpremiere der ersten vier Bände der Lyrik-Edition NEUN fand an einem passenden Tag statt, am 9.9.2021. Die Veranstaltung des Verlags der 9 Reiche war Gast der Klaus-Mann-Initiative Berlin. Austragungsort war die Lettrétage in Berlin. 

 


 

Nach der Lesung: die Autoren mit vertauschten Büchern.

Von links: Max Drushinin, Anselm Retzlaff,  Steffen Marciniak (Hg.), Gabriel Wolkenfeld.

 

 


 

 

 

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